Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück; es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt.
Seneca
Kulturwoche 2019
Am Freitag, 25.10.2019, eröffnete das Konzert der Zucchini Sistaz "Falsche Wimpern - Echte Musik" die nun sechste Kulturwoche. Im Konzertprogramm des gemüsikalischen Trios aus der Musik-Metropole Münster durfte das Publikum sich von einem Gesamtkunstwerk begeistern lassen, bei dem sich die drei Damen der Zucchini Sistaz in eine Big Band verwandelten. Mit Netzstrümpfen und falschen Wimpern katapultierten sie uns in die goldene Swing-Ära der 20er-50er Jahre und sparten nicht mit kokett schillernden Zitaten der Musikgeschichte. Dabei öffneten die Zucchini Sistaz kein musikalisches Museum, sondern servierten saftig arrangierte Swingmusik in aktuellen Sound.
Zucchini Sistaz (© Peter Wattendorff)
Den nächsten Abend, Samstag, 26.10.2019, wurde von der angesagten Weltmusikband Dikanda aus Stettin in Polen gestaltet. Ihre Musik ist geprägt von traditioneller polnischer Musik und inspiriert von Einflüssen aus der Balkan-Region, Weißrussland, Israel und Indien. Die Band steht für einen authentischen Stil und ist bekannt für ihre weltoffenen Eigenkompositionen und ihre mitreißende Bühnenperformance.
Dikanda (© Dikanda)
Den dritten Tag der Kulturwoche, Sonntag, der 27.10.2019, eröffnete morgens schon traditionell Michael Meinecke und der Literaturkreis Wabern. Literatur aus der Region für die Region und den Rest der Welt wurde vorgestellt, man konnte schreiben, lesen, hören und mit Autorinnen und Autoren an den Ständen der Literaturgruppen reden. Auch konnten eigene oder gefundene Lieblingstexte vortragen werden. Das umfangreiche Nebenprogramm wurde von vielen Akteuren aus der Region wie den Kindern der Reiherwaldschule, dem Literatur- und Lesekreis Homberg, der Literaturwerkstatt Gudensberg, der Kleinen Zeitenwindbühne aus Sondheim und vielen weiteren gestaltet.
Den Tag beschloss HG. Butzko um 19:30 mit seinem Kabarettprogramm "Echt jetzt". Wenn HG.Butzko, der Gelsenkirchener, auf der Bühne steht, zu allem und jedem seine ganz spezielle Meinung äußert, und dabei die großen Zusammenhänge so beleuchtet, als würden sie "umme Ecke" stattfinden, dann gelingt ihm das große Kunststück, dem Publikum aus dem Herzen zu sprechen. Er verband das Politische und das Private, den Alltag und den Bundestag, die große Welt und den kleinen Geist und hat dabei einen ganz eigenen Stil entwickelt, den die Presse treffend als "Kumpelkabarett" oder "Thekengespräch mit Publikum" bezeichnete.
HG. Butzko (© Peter Knaup)
Nach der kurzen Pause am Montag folgte am Dienstag, 29.10.2019, endlich die Lesung von Christine Westermann unter dem Motto "Manchmal ist es federleicht", die bereits im Vorjahr geplant war, jedoch krankheitsbedingt verschoben werden musste. Welches Interesse diese Lesung auslöste, lies sich bereits am Kartenvorverkauf erkennen. Ernst und selbstironisch zugleich erzählte Christine Westermann von Erfahrungen und Situationen, die ihre Wahrnehmung geschult und sie auf einen neuen Weg gebracht haben. Kann man Abschiednehmen lernen? Eine kluge, kurzweilige Reflexion über eine existenzielle menschliche Erfahrung. Das Thema Abschied begleitet uns ein Leben lang. Für Christine Westermann war es wie für viele Menschen von klein auf angstbesetzt. Erst jetzt, in einem Alter, in dem das Abschiednehmen zu einer häufig geübten Praxis wird, gelingt ihr ein offener, zugewandter Blick darauf. Mit unnachahmlichem Charme und Witz erzählte sie, wie es dazu gekommen ist.
Christine Westermann (© Ben Knabe)
Der folgende Donnerstag, 31.10.2019, stand mit der 3. Waberner Ideenmesse unter dem Motto "DENK DOCH MAL ANDERS!" mit einer großen Beteiligung von Präsentierenden und Besuchern. Sie stand wieder ganz im Zeichen von Kunst und Infotainment, dabei trafen kreative Vielfalt im ländlichen Raum auf globale Kultur und gesellschaftspolitische Themen, die man an diesem Abend zu einem inspirierenden Mix voller Emotionen miteinander verband. Vorträge, Tanz, Performance, Videokunst, Fotoausstellung und Projekt-Präsentationen prägten das Format. An den besten Wettbewerbsbeitrag wurde wieder ein Publikumspreis vergeben.
Am Freitag, 01.11.2019, leistete Franz Josef Strohmeier eine Lebensbeichte eines frustrierten Einzelgängers, die erschüttern müsste, wenn sie nicht so zum Lachen wäre. Und dafür sorgte Franz Josef Strohmeier, der den einaktigen Monolog des Bühnenstückes "Der Kontrabass" von Patrick Süskind derart packend und überzeugend gab, dass man am Ende am liebsten gemeinsam mit ihm die Bühne verlassen und dabei helfen möchte, seine Sarah zu erobern. Denn er hat sich verliebt, in die junge Sängerin, deren Herz er am Abend für sich gewinnen wollte. Nur wenn sie auf der Bühne steht, bringt ihm seine Arbeit Freude, nur dann spielt er voller Inbrunst auf seinem Instrument, das er ansonsten für sein privates Unglück verantwortlich macht.
Franz Josef Strohmeier (© Nils Klinger)
Am Samstag, 02.11.2019, startete das vom Musikschutzgebiet organisierte Konzert mit Django S. aus Rosenheim und Kapa Tult aus Kassel als Support. Bier, Party, Pogo, Schweiß, Dreck, Orgasmus, Tod." Und zwar in dieser Reihenfolge. Keine Sorge, hier wurde nicht zur hedonistischen Völkerschlacht aufgerufen. Das war lediglich die Beschreibung für die abgefahrenste Krawallsensation, die je aus den bayrischen Alpentälern empor gestiegen ist. Django S. spielten einen Bastard aus Punk, Rock'n'Roll, Mundart, Balkan Beats und bayerischer Lässigkeit, garniert mit nackten Oberkörpern, ausgelassener Lebensfreude und Leichtigkeit im russischen Stil. Mit dem Charme von Wanda und Bilderbuch, mit einem Frontmann wie Falco oder Campino und der Live-Energie von Kraftklub und LaBrassBanda vereinte diese Band alles, was für eine bärenstarke Live-Präsenz gebraucht wird. Das Publikum wurde eingeladen Mitzufeiern, Mitzusingen und Mitzuspringen, unabhängig der Herkunft oder spezieller Dialektkenntnisse. Eben eine feuchtfröhliche Party! Wenn diese Jungs auf die Bühne gehen, steht kein Bein mehr still! Getreu dem Motto "Dei Mei hoid'st!" verpassten sie ihrem Umfeld eine Sendepause und überrannten die Zuhörer mit ihrer Bavarian Madness. Dann schickten sie nicht nur Kosmonaut Suri SkaGarin wieder ins All, sondern den ganzen verdammten Club. Wer hier zusehen konnte, ohne komplett auszurasten, hatte die Begeisterungsfähigkeit eines Goldfisches.
Django S. (© philpham)
Kapa Tult ist eine Band zwischen Alltagsrevolte und Küchenmusik. Aufrührerisch und rotzig balancierten Kapa Tult zwischen Kritik am Bildungssystem und banalen Beschreibungen von Kuchendates. Gängige Silbenverteilung und Kitsch wurden links liegen gelassen, stattdessen wurde eiskalt analysiert und überspitzt, doch niemals mit dem Finger gezeigt. Die Texte kommen von Inga, die Beats von Angi. Live gibt es Unterstützung an Bass und Keyboards. Ob als Duo oder als große Combo, ob auf der Straße oder im Club - Kapa Tult wusste seine Zuhörer*innen zum Grinsen und Fußwippen zu bringen.
Kapa Tult (© Sylwester Pawliczek)
Den Abschluss am Sonntag, 03.11.2019, bildete wie in Vorjahren eine Veranstaltung für den kleinen Kulturnachwuchs. Bernd Meyerholz & die KunterBänd präsentierten ihr Kinderkonzert "Lieder zum Einsteigen und Abfahren" - Spaßmusik für die ganze Familie. Geschickt versteckten "Bernd und die Bänd" Swing, Blues und Bossa Nova zwischen Sandburg und Schulranzen, Weisheit und Fantasie und schmeichelten sich mit unaufdringlicher Qualität durch die Launen des Alltags. Das flotte Lied vom Fahrradfahrn, das leckere "Mampf Mampf Schlecker Schleck" oder die Songs vom Herkules oder der Willi-Allee - diese Lieder machten richtig gute Laune. Die kunterbunte Kinder-Musik-Band aus Kassel machte ihrem Namen alle Ehre. Da wurde kräftig gestampft beim schlauen Lied "Zu Fuß zur Schule" und "Wenn es wo brennt" dann ging es im brandneuen, knallroten Lied von der Feuerwehr natürlich mit Vollgas um die Ecke. Ob Blues, Bossa oder Swing: die Songs waren rasant, mal zart, witzig und verträumt. Voll süß! Der "MilchBarJazz" der KunterBänd war ein cooler Mix für echte Genießer ab 4 Jahre.
Kunterbänd (© Kunterbänd / Kaan Karca)